Rezension: The City of Brass | S. A. Chakraborty

Autor: S. A. Chakraborty
USA 2017

Erster Band (The Daevabad Trilogy)
544 Seiten
Verlag: Harper Voyager
Genre: Low Fantasy

ISBN: 9780008239398

Zum Buch

Inhalt

Nahri hat noch nie an Magie geblaubt. Allerdings besitzt sie eine Kraft; auf den Straßen dees Kairos des 18. Jahrhunderts ist sie eine betrügerische Frau mit einzigartigem Talent. Doch weiß sie besser als jeder andere, dass ihr Handwerk – Handlesen, Zare, Heilungen – lediglich aus Tricks, Handfertigkeiten und erlenten Fähigkeiten besteht; ein Mittel zum entzückenden Ende, osmanische Adlige zu betrügen.

Doch als Nahri versehentlich einen zugleich schlauen, dunklen und mysteriösen Dschinn-Krieger beschwört, ist sie gezwungen, die magische Welt ihrer Kindheitsgeschichten als Realität zu akzeptieren. Denn der Krieger erzählt ihr eine neue Geschichte: über heißen, windgespeitschten Sand voller Wesen des Feuers, und Flüssen, in welchen die mythischen Marid schlafen; vorbei an alten Ruinen einstiger prächtiger Metropolen der Menschen und Bergen, in welchen kreisende Falken anders sind als sie zu sein scheinen; hin zu Deavabad, der legendären Stadt aus Messing, eine Stadt, mit welcher Nahri unwiderruflich verbunden ist.

In dieser Stadt, hinter vergoldeten Messingwänden voller Verzauberungen, hinter den sechs Toren der sechs Dschinn-Stämme, schwellen alte Feindseligkeiten und Verstimmung an. Und als Nahri beschließt, diese Welt zu betreten, lernt sie, dass wahre Macht wild und brutal ist. Dass Magie sie nicht vor dem gefährlichen Netz der Politik am Hofe schützen kann. Dass sogar die schlausten Vorhaben zu tödlichen Konsequensen führen können.

Am Ende gibt es einen Grund, weshalb man mit seinen Wünschen vorsichtig sein sollte …

»There’s no magic, I swear.« Seeing the doubt on his face, she decided to be more frank. »It’s nonsense, all of it. There’s no magic, no djinn, no spirits waiting to eat us up. I’ve been doing my tricks long enough to learn none of it’s real.«

Seite 13

Aufmachung

Sowohl US- als auch UK-Cover passen gut zu der Atmosphäre des Buches, wobei vor allem der Vorsatz in der UK-Ausgabe wunderschön ist, und handelt es sich bei dem Titel schlichtweg um eine andere Beschreibung des Haupthandlungsortes Deavabad. Für das bessere Verständnis erwähnter Orte lässt sich eine Landkarte finden, welche nicht überragend, aber dafür informativ ist. Ebenso gibt es ein kleineres Glossar mit wichtigen, im allgemeinen Sprachgebrauch eher unbekannten Begriffen, und einem groben Umriss der übernatürlichen Wesen. Es wäre schön eine erklärendere Darstellung der einzelnen Djinn-Stämme zu haben, um die Verknüpfungen und Eigenschaften nachschlagen zu können.

Eigene Meinung

Dieser Buchreihe bin ich schon oft begegnet, nicht zuletzt aufgrund der jüngsten Veröffentlichung des letzten Bandes. Doch obwohl der Auftakt seit Beginn in meinem Bücherregal steht, habe ich mich nicht an das Buch herangetraut, da ich meinte, es handle sich um eine wahrhaftig komplexe Geschichte für Erwachsene, welche ich lieber in der deutschen Sprache lesen möchte. Eine jener Erzählungen aus dem Nahen Osten, die stets Interesse in mir wecken, zumal man dieses Setting weniger oft zu Gesicht bekommt und viele Elemente erfrischend anders sind. Wahrscheinlich hoffe ich bei jedem Werk, wieder auf etwas ähnlich Wundervolles wie Twelve Kings in Sharakhai zu treffen. Dieses Buch hat meine Hoffnung definitiv nicht erfüllt.

»You’re some kind of thief, then?«
»That a very narrow-minded way of looking at it. I prefer to think of myself as a merchant of delicate tasks.«

Seite 44

Mühsam sammelt Nahri jede Münze, jedes Schmuckstück von Wert, teils indem sie manches an sich nimmt, das nicht das Ihre ist. Doch eines Tages möchte sie genügend gesammelt haben, um ihrem ärmlichen Leben in Kairo entfliehen und Medizin an der großen Akademie in Istanbul studieren zu können. Obschon ihre heilenden Kräfte als Magie angesehen werden könnten, scheint ihr Wunsch wohl für immer außer Reichweite zu sein. Bis sie aus reiner Lust Worte in ihrer ganz eigenen Sprache singt und sich ihr Leben schlagartig wendet, sodass sie gezwungen ist, fremden Armen zu vertrauen, um Schutz vor einer tödlichen Bedrohung zu finden.

The bow in hand, he finally staggered up and glanced down the alley, obviously searching for whoever had – what had he said? – ‘called’ him? Though he didn’t look much taller than her, the vast array of weapons – enough to fight a whole troop of French soldiers – was terrifying and slightly ridiculous. Like what a little boy might done to pretend to be some ancient warrior.
A warrior. Oh, by the Most High . . .
He was looking for her. Nahri was the one who had called him.

Seite 28

Der Einstieg in dieses Buch ist wahrlich ein leichter und schneller, sodass man es beinahe nicht mehr aus der Hand legen möchte. Die ersten Seiten versprechen so viel, zeigen sie doch ein atmosphärisches Bild einer Fantasykulisse, die nicht nur an verschiedensten Schauplätzen des Nahen Ostens spielt, sondern auch in einem für diesen Handlungsort und teils für das Genre ungewöhnlichen Zeitabschnitt. Die Protagonistin Nahri wächst in einem Kairo des 18. Jahrhunderts auf, welches sich unter Osmanischer Herrschaft befindet und trifft später auf eine ähnliche Situation, lediglich in einer für sie fremden Welt. Es mag an dem flüssigen Schreibstil liegen, dass man sogleich gut in die Geschichte eintauchen kann, obschon sie in der Art und Weise ihres Auftaktes nicht originell ist. Nahri entpuppt sich schnell als womögliches Mischblut mit Abstammung der als Legende angesehenen Djinn, was durchaus seine Begründung hat, denn welcher normal Sterbliche gerät in eine sagenhafte Welt, auch wenn man sich selbst dadurch mehr in einem der Charaktere sehen könnte. Als Nahri jenem Deava namens Dara, welcher sie zu der Stadt der Djinn Deavabad bringen wird, zum ersten und dann richtig in vollem Bewusstsein ihrer momentanen Lage zum zweiten Mal begegnet, spielen sich zahlreiche, unfassbar ähnliche und äußerst bekannte Szenen aus überwiegend Filmen vor dem inneren Auge ab. Eine entgeisterte, rebellische und überwältigte junge Erwachsene, welche oftmals mehr das Verhalten einer Teenagerin aufweist, trifft auf ein übernatürliches, allenfalls weit über ihr stehendes Wesen, welches offensichtlich nicht mit seiner Situation zufrieden ist und nur mit Genervtheit als auch Sarkasmus reagieren kann. Wenn man in der Stimmung für eine solche Situation ist, die immer wieder humorvolle Klänge hervorbringt, so ist es durchaus unterhaltsam den Zeilen zu folgen, da die Autorin es in gut formulierte, flüssige Worte gefasst hat. Doch die Art des Humors wird alsbald eintönig oder verschwindet gar, wenn man ein genaues Auge darauf wirft.

»Oh, God . . .« Nahri’s stomach turned. Yaqub was right; she’d tangled with magic she didn’t understand and now was going to pay for it. »Please . . . just make it quick.« She tried to steady herself. »If you are going to eat me-«
»Eat you?« He made a disgusted sound. »The smell of your blood alone is enough to put me off eating for a month.« He dropped the sword. »You smell dirt born. You’re no illusion.«

Seite 31

Ein entscheidender Aspekt des Schreibstils ist die gelungene Verbindung aus schönen, bildreichen Beschreibungen und tatsächlichen Handlungen, sodass eine homogene Erzählung entsteht, aus welcher Darlegungen von Details der Umgebung anfangs nicht überaus hervorstechen und simpelste Worte viel beschreiben. Und schließlich fängt der Lesefluss an zu stocken sobald dutzende, teils äußerst ähnliche Bezeichnungen der Welt der Djinn ans Licht treten und eine Flut der Irritation mit sich bringen, trotz des Glossars, welches auch leider nicht alles erwähnt. Während Nahri mit Dara über die Hälfte des Buches auf der langen Reise nach Deavabad ist, lernt man mittels des anderen Protagonisten Alizayd die Welt ihres Ziels kennen. Zahlreiche Namen von Personen und Stämmen der Djinn treten neben spezifischen Begriffen jener Stätte in Erwähnung und schaffen ein Trugbild der Komplexität, zumindest was politische Verstrickungen angeht. Zu Beginn fragt man sich in manchen Momenten, wer im Raum anwesend ist und wer momentan das Wort ergriffen hat. Hinzukommt, dass mich Ali als Figur, ungeachtet seines mannigfaltigen Charakters, nicht sonderlich interessiert hat und die Kapitel aus Nahris Sicht während ihrer Reise im Vergleich zu seinen zu kurz wirken, während seine die Situation in Deavabad ausführlich etablieren und eine Vorstellung für das geben, was Nahri erwarten wird, was sich von Daras Ausführungen unterscheidet und wie viel von der Vergangenheit geblieben ist. Dies führt dazu, dass Nahris Seiten schnell verfliegen, zumal man mehr über ihr Schicksal und Daras Geschichte hören möchte, wobei man zu letzterem ebenso in Alis Erzählungen Hinweise finden kann. Das Besondere ist, dass bis zum Ende nicht alle Geheimnisse aufgedeckt werden und man spüren kann, dass es zumindest bezüglich Dara mehr zu erzählen gibt. Schlussendlich würde man gerne mehr über ihn erfahren, wenn er nicht sein toxisches Wesen derart aufdrängte.

He looks like he belongs here, she thought. Like a ghost forgotten in time, searching for its long dead-companions.

Seite 90

Nach und nach findet man sich in sich in einem Buch wieder, das seinen Reiz durch Unentschlossenheit und anhaltend aktionsreiche bis hin zu aktionslastige Szenen verliert. Die reizenden und faszinierenden Ausführungen der Magie verschiedenster Form, welcher der Geschichte etwas Besonderes und Mitreißendes geben, all die tiefen Einblicke in die Armenviertel, die ein Spiegelbild von Nahris altem Leben zu sein scheinen und im Kontrast zu Alis und ihrem nun veränderten Leben stehen, all die nebensächlichen Erwähnungen, die einen Moment realer und fühlbarer machen, die in ihrer Fülle einer großen Leinwand Leben einhauchen, die bedeutenden Ansprachen bezüglich Vorurteilen und Ungerechtigkeit, die Veränderung hin zum Verständnis – all dies geht verloren in einer gewaltigen Ansammlung aus Szenen über Szenen, die vor Aktionen und vermeintlicher Spannung nur so strotzen. Es gibt kaum einen Augenblick der Ruhe, eine Handlung oder einen Dialog ohne große, entscheidende Bedeutung. Es muss gewaltiger und überragender werden. Das eine Kapitel muss das nächste übertrumpfen. Zumindest ist dies meine Wahrnehmung gewesen und bleibt sie als mein Eindruck bezüglich dieses Werkes bestehen, welches durchaus viele interessante Seiten hat und sich absolut lesen lässt, welches mich manchmal mitgerissen hat. Vieles kann man im Verlauf nicht direkt vorhersehen, wird nicht wenig unauffällig darauf hingewiesen, aber ist man im Endeffekt von gewissen Handlungsdrehpunkten nicht sonderlich überrascht, wobei ich Teile des Endes in ihrer Konsequenz in Anbetracht des Restes nicht erwartet hätte.

»You’re young,« he said quietly. »You have no experience with what happens to people like us during a war. People who are different. You should keep your head down. Or better yet, leave.«

Seite 11

Neben der Handlung spielen selbstverständlich die handelnden Personen eine wichtige Rolle, doch leider konnte ich mich mit keiner von ihnen identifizieren oder mit ihnen mitfühlen, obwohl sie vielfältige, solide konstruierte Persönlichkeiten haben, die durch natürliche Fehler und verborgene Seiten geerdet werden, aber dann hat man sie in sehr gleichartiger Weise und Konstellation schon zuvor angetroffen. In einigen Abschnitten wirkt es, als ob nicht genau sicher wäre, wie die Figuren eigentlich sein sollten. Einerseits findet man in Ali einen wahrlich gebildeten Djinn, der anderseits dennoch von fast allen getäuscht wird. Im Vergleich zu seinem unsicheren ersten Auftreten, steht als eminenter Gegensatz sein eigentlich grimmiger, trockener und selbstgefälliger Charakterzug, der gleichzeitig kühl und zurückhaltend, schlecht gelaunt und naiv ist. Es ist erstaunlich, wie viele Varianten man von ihm kennenlernen kann. Sobald andere Personen anwesend sind, wird hervorgehoben, wie unsagbar gläubig er doch sei, sodass man als Leser wieder die Erinnerung an diese Eigenschaft bekommt, welche ansonsten absolut untergeht. Man kann nicht sehen, dass er gar ein Fanatiker seines Glaubens sei. Mehr als Reaktion auf die Äußerungen anderer bezüglich seines Glaubens, antwortet er mit religiösen Gedanken, ohne eine tiefgründig verankerte Erklärung für seine Religion zu äußern. Weshalb vertritt er mit solch angeblicher Hingabe diese Lebensart und folgt diesen Idealen? Allgemein fällt der Betrachtungsweise der muslimischen Religion oftmals ab und wird als etwas Nebensächlich betrachtet, als ob die Religion nur aus Beten und dem Tragen gewisser Kleidung bestehe. Natürlich gibt es mehr, aber durch die Hervorhebung seiner intensiven Hingabe bezüglich seines Glaubens tritt nur mehr in den Vordergrund mit wie wenig Konsistenz diese dargestellt wird. Für die richtigen Szenen, die Wirkung zeigen sollen, wird hingegen etwas deutlich hervorgehoben, das im Nachhinein oder zuvor nie derart präsent war, wie es in den entscheidenden Momenten erzählt wird. Neben Ali, auf welchen repetitiv mit schuldgefühlschaffenden Worten eingeredet wird, sobald jemand seiner Meinung entgegensteht, verblasst die eigentliche Protagonistin. Zweifel überkommen sie, Rebellion in Angesicht von unumgänglichen Entscheidungen. An sich kann man sie mögen, doch mag ich derartige Charaktere in Büchern nur selten. Zudem werden episodenhaft ihre Liebe zu Dara und ihre Verzweiflung diesbezüglich angesprochen. Eine anfangs harmonische Annäherung zwischen ihr und Dara verwandelt sich in etwas, das nicht mehr nachvollziehbar ist. Dara ist im Laufe der Handlung klar als eine arrogante Person zu erkennen, dessen sich offenbarende Ansichten immer mehr von denen Nahris abdriften. Seine extremen Seiten, die man nach der Zeit mit Nahri verschwinden zu sehen meinte, drängen sich an seinem Heimatort wieder hervor und machen es umso irritierender, wer er eigentlich ist, wer er einst war. Im Endeffekt ist er selbst der Stern seines Universums, der seine Stellung mit Nahri genießt und dies derart offenkundig, dass die Glaubhaftigkeit der langsam entstandenen Beziehung zwischen Nahri und ihm ins Wanken gerät. Doch ist dies auch nur ein Zeichen des Wandels beider Figuren, wobei er lediglich sein wahres Wesen zeigt.

Fazit

Resümierend mögen meine Worte wieder einmal zutiefst negativ klingen, aber habe ich angesprochen, dass das Buch durchaus schöne Seiten hat und viele Elemente der dargestellten Welt dazu anregen, mehr erfahren zu möchten. Somit werde ich wohl den zweiten Band lesen, zumal das Ende vielversprechend sein könnte und es sich bei diesem ersten Teil um einen Debütroman handelt, welcher viel Potential in sich trägt und interessante Ansätze bezüglich einer magischen Welt besitzt, hinter welcher noch viel mehr verborgen ist.


2,5/5 ★

Werbung

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s