
Autor: Marie Lu
USA 2014
Erster Band (The Young Elites)
335 Seiten
Verlag: G.P. Putnam’s Sons Books
Genre: Low Fantasy/Young Adult
ISBN: 9780399167836
dt. Titel: Die Gemeinschaft der Dolche
Übersetzer: Sandra Knuffinke, Jessika Komina
Inhalt
Über Nacht verfärbten sich Adelinas wunderschöne schwarze Haare plötzlich silbern. Seit sie das mysteriöse Blutfieber überlebte, ist die Tochter eines reichen Kaufmanns gezeichnet und von der Gesellschaft verstoßen. Aber die Krankheit hat ihr nicht nur eine strahlende Zukunft genommen, sondern auch übernatürliche Kräfte verliehen. Und Adelina ist nicht die Einzige. Die Gemeinschaft der Dolche wird vom König gejagt und gefürchtet, denn mit ihren unerklärlichen Fähigkeiten sind sie imstande, ihn vom Thron zu stürzen. Doch dazu benötigen sie Adelinas Hilfe …
Some hate us, think us outlaws to hang at the gallows.
Some fear us, think us demons to burn at the stake.
Some worship us, think us children of the gods.
But all know us.– Unknown source on the Young Elites
Seite 1
Aufmachung
Das englische Cover ist wieder einmal wunderschön und passt es vor allem auch sehr gut zum Inhalt des Buches. Nicht nur die dunkle Stimmung wird aufgegriffen, sondern schon fast eine Szene aus der Geschichte. Hinzu kommt der passende Titel, in welchen der Name der Gemeinschaft der Dolche mittels der symbolischen Klinge eingewoben ist. Ein schönes Extra ist zudem die detailreiche Karte im Buch.
Obschon der deutsche Titel als auch die weißen Haare mit dem Inhalt des Buches harmonieren, kann ich mich nicht für die deutsche Aufmachung begeistern. Sie spiegelt den Charakter schlichtweg nicht so gut wie das englische wieder.
Eigene Meinung
Die Legend-Trilogie hatte mich damals sehr überzeugt, denn waren nicht nur die Charaktere etwas Besonderes, sondern auch die Welt an sich. Mit großem Interesse habe ich somit nach dem ersten Band von Marie Lus neuer Reihe gegriffen.
I am tired of losig. I am tired of being used, hurt, and tossed aside.
Seite 337
It is my turn to use. My turn to hurt.
My turn.
Vor einem Jahrzehnt fegte das Blutfieber über das Land und während die Erwachsenen starben, wurden manche Kinder innerlich als auch äußerlich gezeichnet. Adelinas Leben ist seit dem Fieber nicht mehr dasselbe. Gebrandmarkt mit silbernem Haar, welches einst wunderschön schwarz wie jenes ihrer kleinen Schwester war, und einer Narbe, die Erinnerung an den Verlust ihres Auges, ist sie eine Ausgestoßene, ein Malfetto. Ihr Vater, ein ehemals wohlhabender Kaufmann, umsorgt ihre Schwester liebevoll, doch Adelina selbst ist in seinen Augen die Schande der Familie, zumal sie nicht einmal besondere Fähigkeiten zu beherrschen scheint. Neben ihr gibt es viele andere, von der Gesellschaft verpönte Malfettos, auch bekannt als Young Elites. Ein paar haben eine Gemeinschaft gegründet, deren Ziel es ist, den König zu stürzen – Die Gemeinschaft der Dolche.
Die Idee Marie Lus mag vielleicht nicht neu sein und dennoch ist sie überaus faszinierend, denn wird mit einem ganz anderen Ansatz und anderen Grundlagen an das Thema der besonderen und übernatürlichen Fähigkeiten herangegangen. Der Ursprung geht noch viel tiefer als es zu Beginn den Anschein hat und hierbei ist die Umsetzung und Funktionsweise der Begabungen äußerst interessant, da sie sich von dem bisher Vorhandenen unterscheiden und dabei tiefgründiger erklärt werden. Zu dieser Grundidee kommt jedoch leider eine allzu vertraute und etwas langweilige Erzählung. Junge Menschen kämpfen gegen das böse Regime, welches auf seine Art sehr dem Nationalsozialismus im Dritten Reich und der Verfolgung der Juden ähnelt, zumindest aus meiner Sicht, wenn man unter anderem den leidenschaftlichen Rassismus betrachtet.
To love is to be afraid. You are frightened, deathly terrified, that something will happen to those you love. Think of the possibilities. Does your heart clench with each thought? That, my friend, is love. And love enslaves us all, for you cannot have love without fear.
Seite 251
Das Buch ist in einem leicht verständlichen und fesselnden Stil geschrieben, der eine außerordentlich schöne, düstere, teils bedrohliche Atmosphäre schafft, was sehr mit dem Leben und dem Charakter der Protagonistin harmoniert. Es werden mehr die dunklen Gefühle angesprochen, dies auf vielen Ebenen, wie Beziehungen im physischen und psychischen Sinne. Verbunden mit der gefühlskräftigen Atmosphäre sind wundervolle Beschreibungen der Handlungsorte, die sehr bildhaft und ebenso bezaubernd auf den Leser wirken. Des Weiteren wird die Handlung von viel Energie in Form von einer schnellen und aktionreicher Erzählweise begleitet, doch manche Entwicklungen empfand ich als zu sprunghaft und es fehlt ihnen die Tiefe. Zudem muss anscheinend eine Liebesgeschichte wieder einmal ein Spannungsbogen der Geschichte sein und zu gewissen Wendungen führen, was nicht notwendig wäre.
Ganz anders als in vielen Jugendbüchern dieser Art ist die Hauptfigur Adelina. Es ist erfrischend einen Charakter mit breitgefächerten Gefühlen und Eigenschaften, mit viel Essenz zu haben. Einerseits ist es angenehm, auf welche Weise sie durch die Geschichte gleitet und andererseits bietet, wie schon erwähnt, ihr Charakter viel. Denn sie erscheint nicht als starke weibliche Protagonistin, die liebend gern ihre rebellischen und sturen Seiten zeigt und dabei wohl mehr Glück als Verstand hat, sondern besitzt sie durchaus ihre dunklen Seiten und Schwächen, die einen inneren Kampf auslösen. Ihre Stimmung ändert sich natürlich und man merkt, wie sie sich durch die Ereignisse der Handlung verändert. Sie ist nicht nur stark, sondern in gewissen Situationen schwach, sie ist nicht nur lieblich, sondern beherrscht sie manchmal ein stürmisches Temperament, sie kann nicht alles, sondern muss sie lernen. Sie ist schlichtweg nicht perfekt.
The only way to clamp down on my energy is to erase my emotions, and so I fold them each away, one by one. My sorrow turns to anger, then to ice-cold fury. My soul curls in one itself in defense. I am gone. I am truly gone.
Seite 336
I am not sorry.
Neben ihr gibt es schön gezeichnete Charaktere, doch muss man anmerken, dass sie eigentlich alle als schön beschrieben werden, zumindest erweckten die Beschreibungen in mir ein Bild von außerordentlicher Schönheit und keine Imperfektion. Die Fähigkeiten der wichtigen Malfettos sind größtenteils nicht sonderlich originell verglichen mit jener Adelinas, eher sind es die gewöhnlichen Grundfähigkeiten, die immer dabei sind – Feuer, Nachtsicht et ceterea. Dennoch ist Lus Umsetzung schön gestaltet, wenngleich sie sich zu einer vorhersehbaren und einfachen Geschichte zusammenfügt, die nur wenige Überraschungen enthält. Trotzdem muss gesagt sein, dass Marie Lu die möglichen, weniger benutzen Wege im Großteil der Fälle einschlägt.
Fazit
An sich war es ein unterhaltsames Buch und bin ich einem nächsten Band nicht abgeneigt. Es ließ sich wahrlich sehr gut auch im Englischen lesen, kamen bei mir keine Ungereimtheiten auf und gefielen mir das Ambiente als auch die geschaffenen Szenen sehr. Trotzdem wies es die typischen und unschönen Seiten der heutigen Jugendbücher auf.
4/5 ★