
Autor: Mark Lawrence
USA 2011
Erster Band (The Broken Empire)
416 Seiten
Verlag: Harper Voyager
Genre: Grimdark Fantasy
ISBN: 978-0-00-742363-7
dt. Titel: Prinz der Dunkelheit
Übersetzer: Andreas Brandhorst
Inhalt
Sag uns kurz, wie du heißt.
Jorg. Eigentlich Kronprinz Jorg von Ankrath, aber das war einmal.
Du siehst jung aus. Wie alt bist du, fünfzehn?
Knapp daneben. Mit fünfzehn werde ich König sein!
Du bist die meistgehasste Person im ganzen Land. Warum?
Nun ja, wenn man mit einer Horde Gesetzloser ganze Dörfer niederbrennt, löst das Unmut aus. Aber was würdest du tun, wenn die Königin, also deine Mutter, und dein Bruder vor deinen Augen getötet werden? Dieser Hass ist erst der Vorgeschmack auf meine Rache – denn die wird tödlich sein!
For the longest time I studied revenge to the exclusion of all else. I built my first torture chamber in the dark vaults of imagination. Lying on bloody sheets in the Healing Hall I discovered doors within my mind that I’d not found before, doors that even a child of nine know should not be opened. Doors that never close again.
I threw them wide.
Seite 14/Kapitel 5 (Leseprobe)
Aufmachung
Das Cover ist wahrlich wundervoll im Original bzw. der von mit gelesen Edition gestaltet und spiegelt wunderbar die dunkle Atmosphäre des Buches als auch den unergründlichen Protagonisten wider. Zudem ist der Titel sehr passend und könnte nicht besser sein.
Es gibt ebenfalls eine hellere Version des Titelbildes, welches auch im deutschen übernommen wurde, und ist es weiterhin sehr schön.
Eigene Meinung
Für eine lange Zeit ist der Schriftsteller Mark Lawrence gänzlich an mir vorbeigegangen, obschon er eigentlich genau derartige Geschichten schreibt, die ich am liebsten lese. In diesem Sinne traf ich auf dieses Buch unter anderem durch eine der unzähligen Listen, die man im Internet finden kann, auf der Suche nach einem dunklen Fantasyroman.
Two hundred dead farmers lying with their scythes and axes. You know, I warned them that we do this for a living. I said it to their leader, Bovid Tor. I gave them that chance, I always do. But no. They wanted blood and slaughter. And they got it.
War, my friends, is a thing of beauty. Those as says otherwise are losing.
Seite 1/Kapitel 1 (Leseprobe)
Gefangen von Dornen musste Jorg, Sohn eines Königs, die grausame Ermordung seiner Mutter und seines Bruders miterleben. Die Dornen schützten ihn vor Blicken, retteten sein Leben, hielten ihn fest mit schmerzhaftem Griff. Und er überlebte, sodass er nun Rache aus tiefster Seele nehmen kann. Jorg hat sich verändert, ist nun der Anführer einer skrupellosen Gruppe aus Verbrechern und sieht Leben und Tod als nichts anderes als ein Spiel, das zu gewinnen gilt. Sein Ziel ist es König über alle Lande zu werden und scheint ihm jedes Mittel zum Zweck recht zu sein. Dabei stellen sich ihm viele Hindernisse in den Weg, so auch der Verrat vom eigenen Vater, aber ebenso viel größere Mächte.
Zu Beginn lernt man die Geschichte eines Charakters kennen, der sich von vielen anderen Protagonisten differenziert. Jorg ist sprunghaft, nicht so recht einschätzbar, angesichts seiner schnell aufkommenden Wut, die auf nicht störende Art und Weise den Verlauf eines Moments erahnen lässt, seines geschickten Improvisationsvermögens in jeder Situation, doch vor allem aufgrund seiner faszinierend dunklen Persönlichkeit. Er scheut vor nichts zurück und ist das Buch jenen nicht zu empfehlen, die vor blutigen Bildern und brutalen Szenen zurückschrecken. Stets meint man, dass es offensichtlich ist, was Jorg möchte, zumal er seine Meinung erfrischenderweise äußert, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Jedes Mal war ich gespannt, wie seine verrückte Denkweise das Chaos erneut ausbrechen lassen wird und er dabei beschließt wohl kreative und drastische Methoden anzuwenden. Dennoch ist der Kontrast zwischen seinem sehr jungen Alter und seinem zutiefst ruchlosen Verhalten etwas unvorstellbar, sodass man gerne sein wahres Alter vergisst oder eher verdrängt. Mit ihm als Erzähler bekommt man jedoch jederzeit Beweggründe seines Handelns und seiner Wesenszüge erklärt, besonders im späteren Verlauf der Handlung, und erfährt, dass er keineswegs ausschließlich der kaltblütige Killer ist, sondern auch andere, weiche Seiten hat, die geschickt in kleinen Details verborgen liegen.
I like mountains, always have done. Big obstinate bits of rock sticking up where they’re not wanted and getting in folk’s way. Great.
Seite 339/Kapitel 45 (Kindle E-Book)
Neben dem Protagonisten gibt es noch zahlreiche weitere Figuren – viele, viele Namen, welche man sich zu merken hat, was ein Traum für mich ist, wenn es zusätzlich kein Glossar gibt -, zu welchen Details in kurzen Zeilen nach manchen Kapiteln aufgeführt werden, woraufhin sie nicht als unnötige Beschreibungen direkt in der Erzählung auftauchen und damit gleichzeitig Jorgs Desinteresse ihnen gegenüber im Großen und Ganzen verkörpern. Allgemein habe ich bisher keine bemerkenswerten Gefühle bezüglicher der anderen, in Teilen interessanten Charaktere entwickelt, da das Hauptaugenmerk auf Jorg liegt.
In einem etwas anderen, von Ellipsen durchwobenen Schreibstil, der dennoch gut zu lesen ist, teils infolge von geschickten Dialogen und diversen amüsanten Aussagen aus dunklem Humor, erfährt man eine rasante, ansprechende Geschichte, welche eventuell etwas zu schnell voranschreitet und es ihr an Ausarbeitungen von Nebengeschichten mangelt. Doch findet sich der Charakter des zielgeleiteten Protagonisten genau in dieser tunnelblickartigen, ohne Ausschweifungen gebündelten Haupthandlung wieder. Dies ändert sich etwas nach einer bestimmten Offenbarung, die kurzzeitig Jorg und der Geschichte allgemein den Schwung und das Interesse nimmt und den Schluss bedauerlicherweise in einer Antiklimax enden lässt, aber gleichzeitig die Welt durch den Gedanken hinter allem explosionsartig erweitert und all dem zuvor Gelesenen einen tieferen Sinn verleiht.
We wrap our violent and mysterious world in a pretence of understanding. We paper over the voids in our comprehension with science or religion, and make believe that order has been imposed. And, for the most it, the fiction works. We skim across surfaces, heedless of the depths below. Dragonflies flitting over a lake, miles deep, pursuing erratic paths to pointless ends. Until that moment when something from the cold unknown reaches up to take us.
Seite 305/Kapitel 40 (Kindle E-Book)
Schlussendlich ist noch die Weltdarstellung erwähnenswert, weist sie doch viele Parallelen unserer Welt auf und wie sie einst verändert worden sein könnte, wodurch eine gute Kombination aus Fantasyelementen und dem Gefühl einer postapokalyptischen Welt entsteht und somit die Geburt von anderen Wesen, die typisch für dieses Genre sind, erklärt werden kann.
Fazit
Resümierend ist es ein Buch, welches anders in vielerlei Hinsicht ist und seltsam undurchschaubar. An manchen Stellen mag es etwas flach gestaltet sein, aber trotz allem erzählt es eine sehr fesselnde, visuell gut vorstellbare Geschichte, die das Wesen des Bösen und wie dieses Menschen innerlich verrotten lässt zeigt, haben diese keine wahren Konsequenzen zu erwarten. In mancher Hinsicht fühlte ich mich sogar bezüglich ähnlicher Wortwahl an „Das Lied von Eis und Feuer“ erinnert. Jorg hat meine Faszination geweckt und bin ich gespannt, mit welchen schmutzigen und listigen Tricks er sein Ziel weiterverfolgen wird.
4/5 ★