Manchmal hält eine winterliche Geschichte noch Einzug in die ersten Momente des Sommers.
Und manchmal muss man nicht viele Bücher gelesen haben, um den Eindruck des allgegenwärtigen und schönen Gefühls des Lesens zu verspüren.

The Bear and the Nightingale
von Katherine Arden
Erster Band (The Winternight Trilogy)
Hardcover (319 Seiten)
Für allzu viele Winter tauchte dieses Buch auf meiner Liste auf. Ich plante es zu lesen, bis die Monate des Winters im Flug vergingen, das Buch geschlossen verstaubte und lediglich Wachs auf den Seiten landete, als eine Kerze etwas übermotiviert war. Auch wenn schlussendlich der Frühling dieses Jahres eingezogen war, beschloss ich endlich, dieses Werk zu lesen. Und ich freue mich, nicht enttäuscht worden zu sein.
The Bear and the Nightingale ist ein wahrhaft verzauberndes Buch, welches stets aufs Neue wunderbar greifbare Momente schafft und dabei seine ganz eigene Atmosphäre kreiert, welche mit Gefühlen gefüllt ist. Es zeigt die Eigenart von Menschen, angesichts ihres Glaubens und ihrer Überzeungen anfällig für Manipulation zu sein, nicht wissend, ob das Alte oder Neue richtig sei. Es trägt eine liebliche und mitreißende Geschichte einer anderen Realität. Es greift nach der russischen Folklore und ist dabei etwas, das ich selbst liebend gerne lese – einerseits aufgrund von Kindheitserinnerungen, andererseits aufgrund der weniger genutzten Grundlage russischer Folklore.
An sich handelt es sich um eine flüssige Erzählung, die das Leben der Protagonistin Vasilisa und die Menschen sowie Wesen um sie herum darlegt. Doch obschon ich durchaus Freude an diesem Auftakt verspürte und Interesse für die Fortsetzung hege, wenngleich man den Auftakt auch als Einzelband ansehen könnte, hat ein Funke von Mehr gefehlt, der mich dieses Buch als eines meiner liebsten bezeichnen lassen würde. Ich werde mich wohl stets an die erweckten Gefühle erinnern, an die allgemeine, intensive und einnehmende Atmosphäre der Geschichte, aber basiert die Handlung dennoch auf einer bekannten und simpen Grundlage, die dem Buch Grenzen auferlegt.

The Winner’s Curse
von Marie Rutkoski
Erster Band (The Winner’s Trilogy)
Hardcover (355 Seiten)
Wie lange habe ich ein Buch gesucht, welches ein Kanditat für mein diesjähriges Vorhaben, ältere Bücher, die ich nun eher weniger für mein Bücherregal auswählen würde, darstellen könnte. Zudem sollte es schließlich ein Werk sein, auf welches ich Lust habe.
Zu einem gewissen Zeitpunkt war The Winner’s Cruse doch recht beliebt, weshalb der erste Band irgendwann bei mir eingezogen ist, nur um dann – surprise – in Vergessenheit zu geraten. Im Vergleich zu anderen Bücher ist dieses jedoch nicht allzu enttäuschend, sofern man nicht genauer dafürber nachdenkt.
Der Geschichte lässt sich schnell und einfach folgen, zumal die Autorin wahrlich ein Talent für das Schreiben von Prosa an sich hegt, sodass es ein durchaus leichter Einstieg ist. Auf gewisse Art hebt es sich von anderen Büchern dieser Art ab, da die Figuren oder eher die Protagonisten wie eigenständige Personen wirken, welche ihre eigenen Dinge zu tun haben, ihre eigenen Interessen hegen und sich vor allem nach und nach kennenlernen – ein für mich wichtiger Aspekt, da dies in der Regel ein bedeutender Bestandteil dieses Genres ist. Kestrel und Arin empfinden keine augenblickliche, irritierende Liebe, die sie zu den aberwitzigsten und unlogischsten Taten führt, sondern entwickelt sich eine Beziehung über die Zeit, während sie selbst ihren eigenen Prinzipien folgen. Sie sind nicht von Beginn an verzaubet oder von ihren Pflichten als auch Zielen abgelenkt. Im Endeffekt spielt die Liebe eine weniger große Rolle als man es denken würde und entsteht sie zumindest natürlich und sozusagen nachvollzierbar.
Dafür wird der Blick auf politische Begebenheiten gerichtet, aber sei davor gewarnt, alles etwas genauer zu betrachten, denn dann beginnt das Gerüst einer doch unterhaltsamen Geschichte zu wanken. Wahrscheinlich liegt es an dem Genre und der Zielgruppe, aber ist es mir zu wenig gewesen. Blutige Entscheidungen werden getroffen und Unschönes nicht verschleiert. Manchmal ist Plotarmour für die Protagnistin auch zu schade. Möglicherweise setze ich die Reihe mit dem zweiten Band fort, denn fühle ich mich meiner Zeit bisher nicht sonderlich beraubt. Wer weiß, vielleicht tritt dann auch ein Element des Fantasy hinzu, als dass es ausschließlich in einer alternativen Welt spielt.

Nun, ich kann nicht sagen, kein Buch von Brandon Sanderson gelesen zu haben, aber meine Ausreden, immer noch nicht im Cosmere Universum gelandet zu sein, schwinden dahin. Eventuell ist es jedoch nicht schlecht mit jenen Büchern zu beginnen, die nicht die herausragensten Werke des Autors sind, um somit keine späteren Enttäuschungen zu erfahren.
Grundlegend handelt es sich bei dem Auftakt Skyward um eine simple Geschichte, welche hingegen in solch einer Art verfasst ist, dass die Seite nur so verfliegen. Es ist ein solches Buch, das man nicht zerdenken darf, da ansonsten jegliche mögliche Begeisterung verblast oder gar in Vergessenheit gerät. Ein entscheidender Grund ist, dass diese Lektüre weniger mit logischer und zumindest etwas tiefgreifender Science Fiction zu tun hat – leider. All die dargestellten Eigenarten und Gedankengänge der Protagonistin Spensa mit ihrer kindlichen, aber meiner Meinung nach für ihr Alter und ihr Umfeld – im Sinne der Verarbeitung von Reaktionen anderer Menschen auf die Taten ihres Vaters – passenden, realistischen Wesenszüge sowie ihre sukzessive Veränderung stärken das Buch, während das lückenreiche Setting viele, allzu viele Fragen aufkommen lässt und die Handlung wiederum zu vorhesehbar und anspruchlos ist. Aber hey, es ist keine Liebesgeschichte notwenig gewesen und spielt das Geschlecht keine Rolle, ob man am Kampf teilnehmen darf oder nicht, ob man ein Pilot sein kann oder nicht.
Zusätzlich gibt es natürlich eine KI M-Bot eines unbekannten, von Spensa entdeckten Raumschiffs – teils als Comic Relief dienend und das entnervende Glück Spensas reichlich illustrierend. Ich komme nicht umhin M-Bot mit Murderbot (Martha Wells) zu vergleichen und bedauerlicherweise lieber nach einem Band der Murderbot Diaries greifen zu wollen, zumal ich Murderbots Humor als reichlich amüsanter und seinen Charakter als wesentlich tiefgreifender ansehe.
Und trotz allem ist der zum Ende des Buches gewählte Weg doch interessant genug, der Schreibstil einnehmend genug, sodass ich die Fortsetzung demnächst lesen und die Reihe dementsprechend nicht abbrechen möchte.
Seltsamerweise lässt mich die Auflistung der im Mai gelesenen Bücher stets Verwunderung verspüren, denn obschon ich doch leider an allzu vielen Tagen keine einzige Seite gelesen habe (von Mangas, Manhwas, Webtoons und dergleichen abgesehen) und dementsprechend ein karges Endresulat zu sehen ist, so herrscht in mir das Empfinden, recht oft mit Literatur und dem allgemeinen Prozess des Lesens in Kontakt gekommen zu sein. Vielleicht ist dies auch in dem unvorhersehbaren Charakter und dem ungreifbaren Vergehen der Zeit begründet.
Bis zur Beendung haben es leider weder mein kläglicher Versuch, The Name of the Wind von Patrick Rothfuss erneut zu lesen, um endlich mit dem zweiten Band fortzufahren, noch The Shadow of the Gods von John Gwynne und The Lies of Locke Lamora von Scott Lynch als Vertreter von „die-ersten-zwanzig-Seiten-lesen-und-somit-offiziell-begonnen“ geschafft. Da es zu schön ist, dutzende Bücher gleichzeitig zu lesen und den Orientierungssinn des Erinnerungsvermögens zu überfluten, habe ich noch den zehnten Band von Harry Dresden von Jim Butcher als Hörbuch begonnen, doch dies mehr aus dem Grund, dass mir nach zu vielen Stunden endlich der Gedanke kam, dass sich ein Hörbuch perfekt für die Begleitung von Gartenarbeit (inklusiv lieblich verbrennender Sonne, danke Sommer, Hüte sind eine große Empfehlung) eignen könnte.
Mal sehen, wie sich der Juni gestalten wird und ob ich mal wieder ein deutsches Buch wähle (der Blick fällt auf die deutschen Ausgaben von The Expanse – es ist Zeit).